von Chris Oomen
Am Samstag, den 31. Mai 2025, besuchten Tim und ich das erste regionale Treffen von SBH Nederland in Amersfoort. SBH Nederland ist eine Stiftung und vergleichbar mit dem Verein SBHC NRW e.V. Das Treffen fand von 13:30 bis 16:00 Uhr im Huis Mierveld statt, einem barrierefreien Bürgerzentrum in einer ehemaligen Schule.
Die 217 Kilometer von Köln waren trotz kleinerer Staus gut zu schaffen – wir kamen fast pünktlich an und freuten uns über die entspannte Parksituation.
Ankommen und erste Eindrücke
Corrinne van Rijswijk und René van het Wout empfingen uns herzlich in einer großen, umgebauten ehemaligen Schulklasse. Insgesamt waren wir etwa 16 Personen. Nach Kaffee und Tee begann eine freundliche Vorstellungsrunde, bei der René zunächst die Regeln erklärte: Vertraulichkeit, Meinungen nicht beurteilen, gemeinsam teilen.
Tims Ziel war es, junge Gleichaltrige kennenzulernen – mit 18 war er der Jüngste, aber es gab auch E. (25) und K. (35) in der Gruppe. Ich wollte Kontakt zum niederländischen Verein aufbauen und mehr über deren Arbeit erfahren.
Die Vorstellungsrunde
Wir bekamen Namensschilder und wählten eine Postkarte aus, die uns etwas bedeutete. Dann erzählte jeder, wer er ist und was ihm wichtig ist. Die Gruppe war sehr vielfältig – zwischen 18 und 70 Jahren. Etwa die Hälfte hatte Spina Bifida occulta, oft erst spät diagnostiziert. In den 60er/70er Jahren wurde das medizinisch nicht besonders beachtet, erzählten sie. Erst mit 35, 40 oder 50 Jahren kamen Probleme mit Gehen, Blase und Darm.
Besonders interessant war Marjan, die kein SB, aber einen Hydrocephalus hat. Sie erzählte, wie lange es dauerte, bis ihre Gleichgewichtsstörungen und Kopfschmerzen richtig diagnostiziert wurden. In den Niederlanden sagt man übrigens „Drain“ statt „Shunt-Ventil“.
Offener Austausch nach der Kaffeepause
Es entwickelte sich ein sehr offenes Gespräch über den Umgang mit Spina Bifida, mit oder ohne Hydrocephalus. Wir sprachen über Alltagsprobleme, Reizüberflutung, Arbeit und das (oft fehlende) Verständnis bei Ärzten.
Interessant war die „18-/18+ Problematik“: Unter 18 ist die medizinische Betreuung in den Niederlanden relativ intensiv, danach müssen Jugendliche selbst ihre Betreuung organisieren. Es gibt spezialisierte Zentren wie „de Hoogstraat“ in Utrecht, das AMC in Amsterdam und ein SB-Zentrum in Zwolle.
Eine Teilnehmerin in meinem Alter erzählte, dass sie nach schmerzhaften Knochenbrüchen jetzt einen E-Rollstuhl braucht. Die Ärzte waren überfordert und sagten: „Sie sind ausbehandelt, wir können nichts mehr tun.“ Das Wissen über SB und HC scheint in den Niederlanden nur fragmentarisch vorhanden zu sein.
Deutscher Vergleich und internationale Perspektive
Ich berichtete von der deutschen Betreuungssituation, der jährlichen wissenschaftlichen Tagung in Fulda und der „grünen SB-Bibel“ („Spina bifida. Interdisziplinäre Diagnostik, Therapie und Beratung“, siehe: https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783110228748/html?lang=de)mit umfassenden Informationen. Corrinne bestätigte, dass es nicht leicht ist, mit 380 Mitgliedern wahrgenommen zu werden und die richtige Betreuung zu bekommen.
Abschied und Ausblick
Nach 2,5 Stunden intensivem Austausch (Tims Ohren glühten vom vielen Niederländisch!) verabschiedeten wir uns mit dem Wunsch, sich 1–2-mal im Jahr zu treffen.
Mögliche zukünftige Themen: Versorgungsaustausch, gemeinsame Aktivitäten, Arbeitswelt-Erfahrungen und wie wir die internationale Wahrnehmung für SB stärken können.
Tim wünscht sich mehr Kontakt zu Gleichaltrigen. Ich war fasziniert davon, aktive Menschen mit SB & HC kennenzulernen und zu sehen, wie sie ihr Leben gestalten. Besonders interessiert mich, wie Menschen mit SB & HC in den Niederlanden auf dem Arbeitsmarkt zurechtkommen – ein wichtiges Thema für Tims anstehende Ausbildung.
Ich versprach Corrinne und René, Informationen über unseren Verein zu schicken, den Link zur ASBH-Tagung zu teilen und über das Handbuch Spina Bifida zu berichten. In sehr guter Stimmung fuhren wir anschließend nach Deurne zu unserer barrierefreien Unterkunft im Hotel Willibrördhaeghe, um alle Eindrücke und Erfahrungen sacken zu lassen.