Den Auftakt bildete in diesem Jahr das erste von zwei offenen Treffen für junge Familien. Im März und im September hatte Caroline, Organisatorin des „Ablegers Ruhrgebiet“ der SBHC, in die KiTa am Sachsenring in Essen eingeladen.
Da die KiTa inklusiv arbeitet, sind alle Räumlichkeiten sowie das Außengelände ganz bequem mit dem Rolli zu erreichen.
Hauptsächlich richtet sich dieses Angebot an Familien, die kleine Kinder mit Spina bifida (im Kindergartenalter) haben. Selbstverständlich sind hier auch Familien eingeladen, die den Weg zur Selbsthilfe bisher noch nicht gefunden haben, und auch Familien mit älteren Kindern sind immer willkommen.
Der persönliche und altersübergreifende Austausch macht diese Treffen wertvoll und unverzichtbar. Die sehr abwechslungsreich gestalteten Räume und das tolle Außengelände laden die Kinder direkt zum Spielen ein und fördert ganz zwanglos die Kontaktaufnahme.
Beide angebotenen Treffen (im März und im September) waren sehr gut besucht, und die Teilnehmenden waren sich einig, dass an diesem Angebot auf jeden Fall festgehalten werden soll.
Im vergangenen Jahr hatte der Essener Spiel und Sporttreff einen Preis der Initiative Essen.Gesund.Vernetzt gewonnen. 1000€ standen daher der Gruppe zur Verfügung, die in ein tolles inklusives Segel-Event umgesetzt wurden. Der Verein Inklusives Segeln für Alle hat ein Segelboot so umgebaut, dass Rollifahrer:innen es ganz bequem nutzen können – ohne kompliziertes Umsetzen und vor allem, ohne auf die Sicherheit des eigenen Rollstuhls verzichten zu müssen. Mit drei Teams war der Verein für unsere Gruppe da – und hat die Teilnehmenden sogar noch begrillt! Einen Film dazu gibt es auch!
Das erste Highlight im Veranstaltungs Reigen bildete unser erstes Wochenend-Seminar für junge Familien in Uedem. Nach bewährtem Muster sollte in familiärem Rahmen grundlegendes Wissen rund um Spina thematisiert werden. Acht Familien hatten sich angemeldet und trafen am 12. April auf dem barrierefreien Bauernhof im niederrheinischen Uedem ein. Die Kinder fühlten sich in der Umgebung sehr schnell wohl und konnten sich in der Spielscheune und auf dem übrigen Gelände austoben.
Für die Eltern ging es nach Bezug der kleinen Wohnungen und Zimmer auf dem Hof auch direkt los mit dem Programm. Patrizia, selbst schon erfahrene Mutter eines achtjährigen Sohnes mit Spina bifida, führte in das Wochenende ein und stand für erste Fragen parat.
Das Highlight des zweiten Tages war der Vortrag von Urotherapeutin Catharina Cziczkat. Sehr ruhig und für alle verständlich berichtete sie zum Thema Katheterismus und Darmmanagement – letzteres ein Thema, das viele noch immer nicht „auf dem Schirm“ haben, weil es, wenn man es vernachlässigt, mit weniger akuten Gesundheitsgefahren einhergeht als beispielsweise das Katheterisieren.
Rechtsanwalt Andreas Fritsch teilte gerne sein umfangreiches Wissen zu sozialrechtlichen Themen. Für viele Neubetroffene fällt die Orientierung hier schwer, sodass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer froh waren, hier in der offenen Runde Fragen stellen zu können. Gabi Bass, Krankenschwester und gemeinsam mit Dr. Reinhold Cremer Initiatorin des Seminarkonzepts „Inko-Fit and Fun“ zum Selbstkatheterismus konnten die Familien ebenfalls am Sonntag begrüßen. Auch hier wurde das Angebot einer offenen Fragerunde sehr gerne angenommen.
Daneben blieb noch genug Raum für den persönlichen Austausch, und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig, dass eine solche Veranstaltung im kommenden Jahr auf jeden Fall noch einmal stattfinden sollte. Eine Referentin hat ihr Kommen bereits zugesagt: Frau Dr. Wühr vom SPZ Coesfeld wird auf die verschiedenen orthopädischen Probleme eingehen. Auch eine Kinderbetreuung soll dann angeboten werden, damit eventuell beide begleitenden Eltern an den Vorträgen teilnehmen können.
Am 20. April fand unsere Fachtagung „Fakten Check Spina bifida 2024“ im Hotel Franz in Essen statt. Wir haben uns über die vielen Teilnehmenden und die rege Beteiligung an den Diskussionen sehr gefreut und bedanken uns an dieser Stelle noch einmal bei den Referentinnen und Referenten für ihren Einsatz und bei allen, die an der Organisation und Durchführung der Veranstaltung mitgewirkt haben.
Im Blog wurden die Vorträge der Veranstaltung nach und nach zusammengefasst – zum Nachlesen für die Teilnehmenden und zur Information für alle, die nicht selbst dabei sein konnten.
Es wurden alle Themen rund um Spina bifida und Hydrocephalus angesprochen und die Teilnehmenden auf den neusten Stand gebracht. Es sprachen Dr. Martina Messing-Jünger zum Thema Neurochirurgie, Dr. Reinhold Cremer zum Thema Kontinenz, Dr. Micha Langendörfer zum Thema Orthopädie, Dr. Christian Clemen zum Thema Inklusion und Versorgung von Kindern mit Spina bifida, Anne Bredel-Geißler zum Thema Erwachsenenversorgung und Oliver Magdic zum Thema Wundversorgung.
Abgerundet wurde die Veranstaltung durch Stände der Firmen Wellspect, der Aromabotschafterin Anna Unrau und einem Workshop mit dem Motion Composer, den Wellspect freundlicherweise finanziert hatte.
Im September trafen sich die Familien mit Kindern ab dem Grundschulalter zum Wochenend-Seminar in Uedem.
Das Wetter war an diesem Wochenende schon einmal die „halbe Miete“: bei traumhaftem Spätsommerwetter bei angenehmen 25° fanden sich die 16 Familien (insgesamt 55 Personen, beinahe die Hälfte davon Kinder) auf dem barrierefreien Bauernhof in Uedem ein.
Urotherapeutin Catharina Cziczkat begeisterte mit ihrem rundum verständlichen Vortrag. Alle Teilnehmenden waren über die drei Stunden hoch konzentriert und beteiligten sich sehr lebhaft an der Diskussion. Da die Kinder sich auf dem Gelände des Poenenhofs sicher frei bewegen konnten, war es auch meist beiden begleitenden Elternteilen möglich, am Vortrag teilzunehmen.
Die Firma Wellspect hatte Material – Broschüren aber auch z.B. Beinspiegel für das Selbstkatheterisieren bei Mädchen – bereitgestellt.
Die große Vertrautheit der Kinder untereinander ermöglichte es, dass einige gemeinsam im großen Schlafraum mit dem passenden Namen „Kälberstall“ übernachteten – ein erster Schritt, die Selbstständigkeit einzuüben.
Schwerpunktthema des zweiten Tages war die Schule. Pädagogin Steffi Weber berichtete aus der Schulpraxis über AOSF-Verfahren, über die Organisationsmöglichkeiten der Pflege und wie diese in den Schulalltag integriert werden kann. Auch die Themen Assistenz und der Fachkräftemangel im Bereich der Pflege wurden thematisiert. Die meisten der betroffenen Kinder benötigen neben einer Pflege Fachkraft auch eine Schulbegleitung, und es ist beinahe unmöglich, Kräfte zu finden, die beides leisten können.
Vom 1. bis 3. November fand das dritte der großen Wochenend-Seminare statt. Es war bereits das 14. dieser Art, das die SBHC, finanziert durch die Gemeinschaftsförderung der Krankenkassen, in Much durchführen konnte. Wie in jedem Jahr war die Veranstaltung sehr gut besucht, und wieder durften wir auch eine neue Familie im Hotel FIT begrüßen.
Etwas entspannter als in den meisten vergangenen Jahren gestaltete sich die Anreise. Diesmal fiel der Freitag auf einen Feiertag, sodass alle 17 Familien ganz ohne die üblichen Staus und ohne Hausaufgabenstress den Weg ins Bergische antreten konnten.
Die Kinderbetreuerinnen und -betreuer hatten sich für dieses Jahr etwas Besonderes überlegt: ein Graffiti Workshop stand auf dem Programm und da wurde auch direkt mit der Planung begonnen.
Das Wochenendprogramm wurde in der Eröffnungsrunde besprochen, und danach durften wir Dr. Reinhold Cremer, Leiter der Spina bifida Sprechstunde an der Uniklinik Bonn begrüßen.
Am Samstag erwartete die Teilnehmenden ein sehr buntes Programm: Firma Wellspect hatte dem Verein einen Workshop mit dem Motion Composer finanziert. Hierbei werden Bewegungen, die die Teilnehmenden machen, mit einer Kamera erfasst und in Töne umgewandelt. Workshop Leiter Robert konnte nicht nur verschiedenste Klangwelten auswählen – von Tierstimmen bis zu geheimnisvoll sphärischen Tönen – sondern auch genau einstellen, auf welche Art von Bewegung das Gerät reagiert. So haben auch motorisch stark eingeschränkte Menschen die Möglichkeit, Selbstwirksamkeit zu erfahren und Freude an der Bewegung zu entwickeln.
Die Teens erwarteten an diesem Tag Floris Bottinga von Pro Familia Solingen und Urotherapeutin Roswitha Vedder. Unter dem Motto „alles aufgeklärt?!“ beschäftigten sie sich – ohne Elternbeteiligung – mit dem Thema Sexualität.
Parallel dazu fand für die Eltern ein Vortrag von Dr. Lena-Alice Lingk zum Thema Lernschwierigkeiten bei Hydrocephalus statt. Dieses Thema stand schon lange auf der Wunschliste der SBHC und wir sind froh, in Frau Dr, Lingk, die Dozentin an der humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln ist, endlich eine kompetente Referentin gefunden zu haben.
Frau Dr. Messing-Jünger, die wir für den Abschlusstag eingeladen hatten, war leider kurzfristig verhindert. Dies bedauerten alle Teilnehmenden sehr, da sie uns bislang in jedem Jahr zum aktuellen Wissens- und Forschungsstand der neurochirurgischen Versorgung bei Spina bifida informiert hatte. Wir hoffen sehr, dass sie uns im kommenden Jahr wieder mit ihrer Expertise unterstützen wird.
Die Fachtagung des wissenschaftlichen Beirats der ASBH in Fulda rundete das Jahresprogramm der SBHC ab. Der Verein nahm mit sieben Mitgliedern an dieser wichtigen Fortbildungsveranstaltung teil. Auf dem Programm standen in diesem Jahr Vorträge zur Urologie und der Hydrocephalus (sowohl dessen Versorgung bei Kindern als auch der weniger bekannte Normaldruck Hydrocephalus). Im Fokus des orthopädischen Themas stand in diesem Jahr der Fuß (Knick-Hackenfuß und andere angeborene und erworbene Deformitäten). Dazu kamen weitere Vorträge zur Chiari Fehlbildung und den Verläufen nach pränataler Deckung bei Spina bifida.
Es zeigte sich wieder einmal, wie wichtig die interdisziplinäre Versorgung bei Menschen mit Spina bifida ist. Die Zusammenarbeit zwischen Medizin und Selbsthilfe ist bei dieser Fachtagung ebenso beispielhaft wie bei unserer eigenen Tagung im April. Leider ist es jedoch nicht einfach, Ärzte für diese enge Zusammenarbeit zu gewinnen, und neue, junge Fachleute für Vorträge und Seminare zu gewinnen. Wir werden in der Zukunft versuchen, als Selbsthilfe hier noch mehr Präsenz zu zeigen. Die wichtige Vermittlerfunktion, die die Gesundheitsselbsthilfe hier übernehmen kann, wird noch oftmals unterschätzt und viel zu wenig genutzt.
Nicht unerwähnt sollte auch der monatlich in Troisdorf durchgeführte Stammtisch bleiben, der für Erwachsene mit Spina bifida eine gute Anlaufstelle zur Kontaktpflege darstellt. So finden auch Erwachsene, die mit Spina bifida leben, erstmals den Weg zur Selbsthilfe, oft mit längeren Anfahrtswegen: unter anderem aus Morsbach, Münster, Euskirchen und Bergisch Gladbach. Der Stammtisch wird über Facebook beworben. Unsere Veranstaltungen werden offen ausgeschrieben, eine Teilnahme setzt eine Mitgliedschaft nicht grundsätzlich voraus.
An dieser Stelle möchten wir uns auch noch einmal bei den verschiedenen Akteuren der Selbsthilfeförderung der Krankenkassen bedanken, ohne die wir diese Veranstaltungen nicht hätten durchführen können.